Weimar – Bücher. Dichter. Grüner.

Es ist Herbst 2020. Mein Erstes Staatsexamen ist gerade mal 5 Wochen her und mein Ausflug nach Marburg war vor 4 Wochen. Vor vier Wochen habe ich für mich mehr gelernt als für mein ganzes Erstes Staatsexamen zusammen. Ich habe gelernt, wie glücklich mich das Reisen macht und wie gerne ich unterwegs bin. Ich habe mir selbst versprochen, dass ich versuche, jede Woche an einem anderen Ort zu sein. Nach München, Bayreuth oder Gießen bin ich heute in Weimar – der Hauptstadt der Klassik und der deutschen Literatur.

Und so startet mein Tag um kurz vor 9 Uhr an der berühmten Herderkirche in Weimar. Benannt ist sie nach Johann Gottfried Herder, einem Mitbegründer der Weimarer Klassik, der in dieser Kirche begraben ist.

Talk about a dream – try to make it real.

Weimar ist aber natürlich auch als die Goethe- und Schiller-Stadt bekannt. Daher befindet sich hier natürlich auch das Goethe-und Schiller-Archiv. Die Meisterwerke von Goethe und Schiller müssen der Nachwelt ja auch erhalten werden. Und ganz im Stil der Poeten ist auch der Bau mit klassischen Säulen verziert.

„Es gibt keine patriotische Kunst und keine patriotische Wissenschaft. Beide gehören, wie alles hohe Gute, der ganzen Welt an und können nur durch allgemeine freie Wechselwirkung aller zugleich Lebenden, in steter Rücksicht auf das, was uns vom Vergangenen übrig und bekannt ist, gefördert werden.“ – Wilhelm Meisters Wanderjahre

Die Tatsache, dass wir heute noch Goethe und Schiller lesen können, verdanken wir Herzog Carl August. Denn nur durch seine Förderung der beiden und der Kunst, Poesie und Philosophie allgemein konnte Weimar zur intellektuellen Hauptstadt der Deutschen Lande – wenn nicht sogar ganz Europas – der damaligen Zeit werden. Daher auch noch nach 200 Jahren ein großes Danke, lieber Carl August. Deine Förderung der Kunst und Schriftsteller hat für die Zukunft Millionen von Gedanken, Inspiration und rettenden Hinweisen ermöglicht! Sein Stadtschloss sieht aber leider etwas in die Jahre gekommen aus.

„Die Erinnerung an Abwesende wird durch die Zeit nicht ausgelöscht, aber doch verdeckt.“ – Goethe an Käthchen Schönkopf, 12.12.1769

Wer die Reiseerzählungen des Sehnsuchtsbummlers regelmäßig liest, der weiß, dass ich Bibliotheken wirklich sehr liebe. Die schönste Bibliothek Deutschlands steht zu meiner großen Freude in Weimar. Die Bibliothek besteht seit 1691 und war eine der ersten öffentlich zugänglichen Bibliotheken. Denn Carl August und viel mehr seine Gattin Anna Amalia wussten, wie wertvoll und wichtig Bücher sind. Daher ernannten sie keinen Geringeren als Johann Wolfgang Goethe zum Bibliothekar der Bibliothek. Aufgrund der Verdienste von Anna Amalia wurde die Bibliothek 1991 nach ihr benannt. Die Bibliothek steht aber auch für die Hoffnung und den Neuanfang. Denn 2004 brach ein Feuer in der Bibliothek aus und zerstörte große Teile des Hauses und der jahrhundertealten Bücher. Aber die Hoffnung wurde nicht aufgegeben und die Bibliothek wieder aufgebaut. Die Schönheit konnte also doch noch bewahrt werden. Natürlich ist die Bibliothek zusammen mit dem ganzen klassischen Weimar auch UNESCO-Welterbe. Aber wenn ich ehrlich bin, ist mir die Geschichte fast schon egal. Ich lasse mich einfach durch diese Schönheit treiben und genieße mein Glück.

„Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit“ – Schiller
„Die Zeiten der Vergangenheit // Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.“ – Faust I
„In meinem Herzen liegen alle meine Wünsche begraben.“ – Kabale und Liebe
„Unaufhaltsam enteilet die Zeit.« Sie sucht das Beständge. Sey getreu, und du legst ewige Fesseln ihr an.“
Das Unwandelbare

Kann es jetzt eigentlich noch schöner für mich werden? Ja! Ich liebe zwar Bibliotheken, aber noch mehr liebe ich die Natur. Ich liebe es, durch das Grün der Natur zu spazieren. Ich liebe daher Städte, die viel grün und Natur in sich tragen. Weimar ist auch eine solche Stadt. Der Stadtpark an der Ilm ist eine gigantische grüne Schönheit. Es ist ohne Frage klar, warum Goethe hier so viele Stunden in seinem Gartenhaus verbracht hat. Und es ist auch ohne Frage klar, warum ich hier so viel Zeit verbringe.

„Die Stadt selbst ist unangenehm, dagegen rings umher eine unaussprechliche Schönheit der Natur.“ – Die leiden des jungen Werther
„Die Natur […] allein ist unendlich reich und sie allein bildet den großen Künstler.“ – Die Leiden des jungen Werther

Wie es sich für einen Park der Klassik gehört, darf die Antike nicht zu kurz kommen. Daher gibt es im Park natürlich auch das römische Haus.

„Eine Welt zwar bist du, o Rom, doch ohne die Liebe wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.“ – Römische Elegien
„Meine Übung alle Dinge, wie sie sind, zu sehen und zu lesen, meine Treue das Auge licht sein zu lassen, meine völlige Entäußerung von aller Prätention, machen mich hier im stillen höchst glücklich.“ – Italienische Reise, Brief an Charlotte aus Rom, am 7. November 1786

Nach dem langen Spaziergang ist es aber auch an der Zeit weiterzuziehen. Wie schwer das weiterziehen kann, hat Goethe auch einst demonstriert. So war Schiller sein bester Freund. Doch hat Goethe seinen geliebten Schiller viel zu früh verloren. Die Trauer und die Verzweiflung hat ihn und sein Werk für Jahre begleitet. Heute liegen die beiden seit an seit in der Fürstengruft.

„Ich dachte mich selbst zu verlieren, und verliere nun einen Freund und in demselben die Hälfte meines Daseyns.“ – Johann Wolfgang von Goethe an Carl Friedrich Zelter, 1. Juni 1805, über seine Erkrankung und über Schillers Tod am 9. Mai 1805

Für den Neuanfang und für das Leben stehen Bäume. Ein Baum steht ganz besonders dafür – der Ginkgo. So gibt es neben dem Goethe-Museum, was einst sein Wohnhaus war, noch das Ginkgo-Musuem. Einen Erinnerungsginkgo habe ich mir selbstverständlich gekauft, der jetzt mein Zimmer unmittelbar verschönert. Das Museum ist dann aber im Vergleich zu Goethes Wohnhaus doch sehr unbedeutend. Das schönste an Goethes Haus ist aber natürlich nicht seine Schreibstube, sondern sein Garten. Hier bin ich viel lieber als in jeder noch so tollen Schreibstube des Planeten.

Dieses Baums Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Giebt geheimen Sinn zu kosten,
Wie’s den Wissenden erbaut,

Ist es Ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?

Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn,
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich Eins und doppelt bin?

– Johann Wolfgang von Goethe

„Mehr Licht“ – Goethes letzte Worte (angeblich)
„Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“ – Goethe

Natürlich findet man in der schönen Innenstadt Weimars nicht nur Goethes Wohnhaus, sondern auch Schillers Wohnhaus. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Schiller neben Goethe etwas untergeht. Das hat mein geliebter Fritz aber definitiv nicht verdient. Das Traumduo der deustchen Klassik ist in meinen Augen vollkommen gleichwertig.

„Freude dieser Stadt bedeute, // Friede sey ihr erst Geläute.“ – Das Lied von der Glocke

Damit endet auch schon die Innenstadt dieser schönen Stadt. Wie Marburg ist diese traumschöne Stadt klein, aber sehr fein. Und dann die ganzen Bücher und das ganze Grün. Die beiden Sachen machen Weimar erst zu dem, was es ist. Da kommen auch kein Goethe und kein Schiller dran vorbei. Selbst wenn die zwei hier wirklich omnipräsent sind.

„Sehn wir doch das Große aller Zeiten // Auf den Brettern, die die Welt bedeuten, // Sinnvoll still an uns vorübergehn.“ – An die Freunde

Die Reise durch die Innenstadt ist zwar zu Ende, die Reise durch das Welterbe und durch die schöne Natur noch nicht. Denn zu einer jeden Herrscherstadt gehören die schönen kleinen Schlösser inmitten der Natur. Das Schloss Belvedere liegt so mitten im Grün oder wie ich sagen würde: mitten im Paradies.

Unaufhaltsam enteilet die Zeit. Sie sucht das Beständge. Sey getreu, und du legst ewige Fesseln ihr an.“ –
Das Unwandelbare
„Der Äpfelchen begehrt Ihr sehr,
Und schon vom Paradiese her.
Von Freuden fühl ich mich bewegt,
Dass auch mein Garten solche trägt.“

– Faust I

Und wenn der eine Schlosspark endet, kann ich einfach zum nächsten Schloss fahren. So endet mein Ausflug nach Weimar in der Schönheit von Schloss Tiefurt.

Laß das Vergang’ne vergangen seyn.“ – Faust I

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3 Kommentare zu „Weimar – Bücher. Dichter. Grüner.

  1. Mein Gott, wie oft besuchte ich Weimar, und jedes Mal dieses erhebende Gefühl, einst wirkten Schiller und Goethe hier. Ob die beiden Genies sich jemals hätten träumen lassen, dass nun Massen durch ihre Gemächer pilgern? Am Ende interessiert, wie lebten die beiden, wie waren die Räume eingerichtet. Trotz aller Sorgfalt der Nachbehandlung, man findet in den Häusern am Frauenplan, in der Schillerstraße und auch im Gartenhaus weitgehend die originale Nutzung. Und eine Tatsache wird für immer Geltung haben: die Straßen, die Plätze, der Park, der zum Laufen etwas ungünstig abfallende Garten am Gartenhaus – auf diesen kleinen Territorien wanderten die Größen unserer Literatur zu ihren Lebzeiten. Besten Dank für diese Erinnerung! JL

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