Tag 19 – Die schönste Bibliothek der Welt

Ein frisch bestandenes Staatsexamen und ein Interrail Ticket für einen Monat: Darum geht es in der Reihe Mein Monat. Bevor du diesen Beitrag liest, ist es vielleicht sinnvoll, erst die vorherigen Beiträge zu lesen.

Mittwoch, 19. Oktober 2022 – Tag 19

Der Wecker klingelt heute Morgen nicht eine Sekunde. Ich brauche heute keinen Wecker. Meine Vorfreude ist der beste Wecker. Und so verlasse ich ohne Müdigkeit und voller guter Laune um kurz vor sieben mein Hostel. Es heißt Vorfreude ist die schönste Freude. Heute stimmt es ohne Frage. Ich bin so glücklich, meinen Sehnsuchtsort endlich besuchen zu können. Seit Jahren will ich diesen Ort besuchen. Die Sehnsucht brennt mit großer Flamme schon lange in meinem Herzen. Nachdem es am Sonntag nicht geklappt hat, wage ich heute einen neuen Versuch nach Admont zu fahren – selbst wenn der Ort gefühlt am Ende der Welt liegt.

Der Bahnhof ist fast menschenleer, einzig der wohlriechende Duft des Bäckers liegt in der Luft. Der Tag kann nur gut werden. Bis nach Linz fahre ich wieder in der gestern schätzen und lieben gelernten Westbahn. In Linz steige ich dann in eine winzige Bimmelbahn. Man merkt so langsam, dass ich heute in abgelegenere Gebiete fahre. Aber die Natur ist dafür umso schöner. Es ist wieder leicht vernebelt und zusätzlich werde ich mit einem schönen Sonnenaufgang belohnt.

Neben der Sonne kommen jetzt auch immer mehr die Berge des Landes hervor. Die vernebelten Berge in der österreichischen Natur sind ein wahres Schmankerl! Nach einer Weile, die sich in dieser Natur wie eine herrliche Ewigkeit anfühlt, erreiche ich dann Ardning. Ich bin jetzt in der Steiermark. Jetzt, wo ich die Natur nicht nur aus dem Zugfenster sehe, scheint die Zeit still zu stehen, so schön ist es hier. Der Ort ist – bis auf einige Kühe – komplett ruhig und leer gefegt. Man kann kaum glauben, dass hier auch nur ein Tourist jemals seinen Fuß hingesetzt hat. Meine Odyssee wird ab hier mit dem Bus fortgesetzt, da der Admonter Bahnhof nur am Wochenende befahren wird.

Far over the misty mountains cold

Wir haben mittlerweile kurz nach elf, als ich in Admont ankomme. Admont ist dann an sich ein kleines Dorf mitten in der schönen Steiermark. Bekannt ist der Ort durch das Kloster, was aber mehr als nur „ein Kloster“ ist. Die Klosterkirche ist an sich nichts Besonderes, aber auch nicht unbedeutend.

Die Klosterkirche

Während meiner großen Reise ist mir schon aufgefallen, dass ich eigentlich immer ein Lächeln auf den Lippen habe, weil ich einfach glücklich bin. Ich bin zwar noch nicht an meinem Sehnsuchtsort angekommen, aber ich habe heute trotzdem den ganzen Tag über ein besonders großes Lächeln auf den Lippen.

Das Kloster Admont ist nicht nur ein Kloster und auch nicht nur ein Kloster mit der schönsten Bibliothek der Welt, sondern ein normales Kloster mit der schönsten Bibliothek der Welt und einem Museumskomplex auf 4 Etagen. Bevor ich also die Hallen meiner Sehnsucht betrete, erkunde ich das Museum. Ich möchte die leuchtend funkelnde Flamme der Vorfreude noch etwas länger am Leben halten. Wobei das Museum für moderne Kunst, mich nicht wirklich abholt. Und die Formulierung „nicht wirklich“ ist noch schön ausgedrückt.

Ist das Kunst oder kann das weg?

Viel mehr nimmt mich dann das Naturkundemuseum mit. Ich war (leider) vor 3 Tagen erst im Wiener Naturkundemuseum, da wirkt das Admonter Museum dann doch etwas putzig im Vergleich. Schön und interessant ist es dennoch. Es zeigt auch, dass Naturwissenschaften und Klöster viel mehr gemeinsam haben, als man denkt. An der Stelle viele Grüße an den Begründer der Genetik und Brünner Priester Gregor Mendel.

Perry das Schnabeltier?

Aber es gibt natürlich auch ein kirchenhistorisches Museum im Kloster und dort findet überraschenderweise meine venezianische Suche nach dem Heiligen Gral eine Fortsetzung. Aber bei so einem perfekten Tag mit Büchern und der Natur darf das Symbol der Sehnsucht und meine große Suche natürlich nicht fehlen. Und wo, wenn nicht im Paradis auf Erden, kann ich sonst den Heiligen Gral finden.

Wählt weise
One thing I know. If living isn’t seeking for the grail it may be a damned amusing game.

Bei einem tausend Jahre alten Kloster und einer knapp 250 Jahre alten Bibliothek haben sich natürlich einige bedeutende historische, aber auch schöne Bücher angesammelt. Die schönsten Prachtstücke werden immer wechselnd ausgestellt. Die kleine Sonderausstellung ist ein fantastischer Anblick. Es liegt in dieser Bibliothek vielleicht kein „Book of Celts“ aber imposant ist diese Büchersammlung schon. So gab es Zeiten, da lagen hier mehr Bücher als in der päpstlichen Bibliothek des Vatikan.

Einfach nur magisch!

Bevor ich dann endlich in meinen Sehnsuchtsort eintreten kann, gibt es noch einen Ausstellungsraum über das Kloster an sich. Dieser Raum ist wirklich cool gemacht, da man mithilfe einer Spiegel und Lichtinstallation mitten ins Geschehen eintauchen kann.

Und dann betrete ich endlich die Halle meiner Sehnsucht. Eine große schwere Tür geht auf und dann strahlen die Hallen mich schon an. Endlich bin ich hier! Meine Erwartungen waren hoch, aber dennoch zu niedrig für diese Schönheit. Ich bin im Paradis, im Elysium. Ein Traum ist wahr geworden. Ich spüre Ekstasen des Glücks und der Zufriedenheit. Ich kann mein Glück nicht in Worte fassen und auch die Schönheit der schönsten Bibliothek der Welt nicht. Zum Glück sagen Bilder mehr als tausend Worte.

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Ich bleibe eine Ewigkeit im Paradis und staune einfach vor mich hin. Besonders bekannt ist die Bibliothek für ihre Deckenfresken. Das Deckenfresko über die Naturwissenschaften hat mich ja schon seit Jahren in den Bann gezogen. Aber auch die anderen Fresken sind nicht nur schön, sondern auch interessant. Die ausgewählten Themen und Allegorien könnte man stundenlang interpretieren. Oder man staunt einfach nur – so wie ich es tue. Wobei ich bei den Naturwissenschaften schon etwas länger hinsehe und mir Gedanken machen, warum und wie jetzt Chemie, Medizin oder mein Fach die Pharmazie so dargestellt sind, wie sie es sind.

Die Reihenfolge der Bilder ist übrigens: Naturwissenschaften, Geschichte, Göttliche Offenbarung, Jurisprudenz, Künste, Philosophie und Theologie.

Bei strahlendem Sonnenschein und einem strahlenden Sehnsuchtsbummler verlasse ich Admont und die Steiermark. Die Steiermark ist wahrlich ein echtes Schmankerl und hat einen ganz festen Platz in meinem Herzen.

Idylle

Im Hostel wieder angekommen ist mein australischer Zimmergenosse etwas verwirrt, warum ich denn fast 8 Stunden in Bus und Bahn verbracht habe, nur um eine Bibliothek zu sehen. Aber es ist nicht nur eine Bibliothek gewesen. Für mich ist es die schönste Bibliothek der Welt. Und die schöne Natur des Landes hat den Weg noch sehenswerter gemacht.

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17 Kommentare zu „Tag 19 – Die schönste Bibliothek der Welt

  1. Bin gerade durch Dein Like bei mir auf Deine Seite gestoßen und bin begeistert! Interrail für einen Monat! Wow. Muss mir das alles noch genau durchlesen. Aber zumindest einige Teaser haben mich schon glücklich (für Dich) lächeln lassen. Hab noch eine schöne Reise.

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  2. Danke für diesen Beitrag. Die Bibliothek ist ja ein Meisterwerk an Schönheit, ich muss da unbedingt hin!! Ich glaube ich würde in Tränen ausbrechen, wenn ich da drin stehen würde 🙂❤️

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