Ein frisch bestandenes Staatsexamen und ein Interrail Ticket für einen Monat: Darum geht es in der Reihe Mein Monat. Bevor du diesen Beitrag liest, ist es vielleicht sinnvoll, erst die vorherigen Beiträge zu lesen.
Montag, 10. Oktober 2022 – Tag 10
Um halb sechs bin ich dann mehr oder weniger ausgeschlafen. Auf den Plastikbänken kann man dann doch besser schlafen als gedacht. Um diese Zeit ist das Meer aber noch mit einem dunklen Schleier bedeckt. Um halb sieben erkenne ich dann die ersten Lichter der Stadt am Horizont. Der orangene Sonnenaufgang über dem Meer ist ein wunderschöner Anblick. Besser kann ein Tag eigentlich gar nicht starten.
Wer die Arbeitsweise des öffentlichen Dienstes (in Italien) verstehen möchte, der muss den Film „Der Vollposten“ gesehen haben. Ich habe selten eine so akkurate Darstellung gesehen. Denn trotz Schengen gibt es natürlich in Ancona zunächst Grenzkontrollen. Es gibt zwei Beamte und zwei Schlangen. Über beiden Schlangen steht Unionsbürger und alle Pässe. Also an sich zwei identische Schlangen. Nicht aber, wenn man in Italien ist. Denn Grenzbeamte 2 möchte irgendwie nicht arbeiten und sagt daher, dass er nur italienische Pässe kontrolliert. Also kontrolliert er zwei Pässe und hat danach nichts zu tun, während sein Kollege im Stress versinkt und der Unmut in der Schlange steigt. Wenig später sagt Beamter 2 aber, dass er auch deutsche, französische und englische Pässe akzeptiert. Zum Glück langt mein italienisch, um das zu verstehen. Weil Beamter 2 jetzt natürlich im totalen Stress steht. Schaut er auch nur kurz auf den Ausweis und scannt ihn erst gar nicht. Den Sinn dahinter muss man wohl nicht verstehen.
Eigentlich wollte ich ja direkt weiter nach Rimini und San Marino, aber wenn ich mir Ancona so ansehe, scheint sie ja doch irgendwas zu haben, was anzieht.

In Ancona geht es für mich hoch hinaus. Es zieht mich förmlich auf den Domhügel. Die kleinen Gassen auf dem Weg zum Dom sind der Grund, warum ich hier bin. Dieser einzigartige italienische Charme hat einfach einen großen Platz in meinem Herzen. Auf dem Weg zum Dom komme ich natürlich auch an der einen oder anderen Kirche vorbei. Eine schöner als die andere.


Der anstrengende Weg hoch auf den Domhügel hinauf wird durch eine umwerfende Aussicht zurückgezahlt. Der morgendliche Ausblick ist wahrlich überwältigend. Denn es scheint als kann ich tief in die schönen braunen Augen der italienischen Seele schauen.

Der Dom von Ancona ist aber auch überwältigend. Italienische Kirchen sind ohnehin etwas ganz Besonderes. Und selbst wenn man keinen Draht zur Kirche hat, so machen diese Orte doch was mit einem. Und natürlich gibt es in der Umgebung der Kirche auch ein paar antike Ruinen. Das gehört einfach auch zu Italien dazu.


Bevor ich aber wieder in städtischen Gebieten unterwegs bin, gehe ich noch etwas an den natürlicheren und grüneren Wegen entlang der Küste. Die Aussicht ist hier noch einmal besser als eben und das scheint mir fast nicht möglich zu sein.
Bis auf ganz wenige Gassigänger ist es hier zu dieser frühen Stunde zum Glück auch sehr ruhig, das einzige, was man hört, sind die Vögel. Die verlassene Stimmung wird durch die alten zum Teil verlassenen Gebäude perfekt abgerundet.

Nach der Ruhe geht es in den großen Trubel einer italienischen Großstadt. Aber die Italienerinnen schaffen es, so entspannt hektisch zu sein, wie man sein kann. In der Stadt werde ich aber an eine klassische Asterix Szene erinnert. Der Duft der Markthalle ist zu dominant für meine Nase.

Italienische Kirchen sind ja immer etwas Besonderes. Das habe ich oben bereits geschrieben. Die Chiesa di San Domenico ist dann aber noch einen Ticken mehr besonders. Denn so ist sie nicht nur groß und imposant, so ist sie auch leer, still und bedächtig. Bei all der Monumentalität darf der Zweck einer Kirche schließlich nie in den Hintergrund rücken. Und so kann ich hier auch mal meinen Geist und meinen Körper ausruhen.

Nach der anstrengenden Erholung ist es dann aber auch Zeit für’s Essen. Ich esse ja meistens nicht sehr besonders auf Reisen, aber die italienische Küche ist einer der Gründe, warum ich jetzt hier stehe. Ein großer Freund bin ich ja auch von der italienischen Backkunst. Im Supermarkt hat man aber auch nicht so wirklich die Hatz. So wird beim Bedienen nebenbei noch telefoniert. Nach einer Ewigkeit bekomme ich dann mein Essen und mache mich auf den Weg ins Mole Vanvitelliana. Das Fünfeck war einst Quarantänestation – also nicht bei COVID-19, sondern weit früher – und ist jetzt ist es Kunstausstellung. Neben der Kunst hat es aber auch Bänke und bietet mir die Chance, in Ruhe mein italienisches Brot zu genießen. Es ist köstlich.


Gestärkt geht es dann für mich zum Bahnhof. Die italienischen Schnellzüge sind in meinem Interrail Ticket nicht inklusive. Also fahre ich mit der kleinen Küstenbimmelbahn. Die hält zwar fast überall. Der Ausblick auf das strahlende funkelnde Blau des Mittelmeers ist es aber wert. Bei diesem Anblick habe ich das Gefühl, dass die nächsten Tage gut werden. Die Sorgen und Zweifel der ersten Tage sind mittlerweile so verflogen wie die Möwen über dem Meer.
Rimini
Mein erster Eindruck von Rimini ist, dass es ein kleines ruhiges Städtchen ist. Das verwundert mich etwas, da ich Rimini eigentlich als Partymetropole abgespeichert hatte. Aber vielleicht stimmt so manches Vorurteil auch nicht. Der eigene Eindruck ist das, was zählt. Aber wie soll ich bei den ganzen vielen Eindrücken der letzten Tage eigentlich alle Eindrücke verarbeiten, realisieren und genießen können?
Das Hostel macht zumindest schon einmal einen sehr schönen und freundlichen Eindruck. Das ist schließlich auch sehr wichtig.
Ich mache mich dann auf den Weg zum historischen Kern der Stadt. Natürlich steht Rimini im Zentrum der Römer – was auch sonst? Mein erstes Ziel ist die Tiberiusbrücke. Die alte Brücke aus der Römerzeit steht noch heute und wird noch heute von Fußgängern genutzt. Die Römer waren einfach die besten Bauherren Europas!


In der Altstadt Riminis treffen dann die Überbleibsel aus römischer Zeit, dem Mittelalter und der Renaissance aufeinander. Trotz der historischen Vielfalt erscheint Rimini aber harmonisch. Auch das neue italienische Leben passt in die Welt hinein. Perfektioniert wird das Stadtbild durch die langsam untergehende Sonne, die mit ihrem warmen Licht die Stadt vergoldet.

Rimini ist jetzt schon ein kleines italienisches Örtchen, was mir einfach mit jeder Ecke der Stadt ein kleines Lächeln auf meine Lippen zaubert. Und während ich so glücklich durch die Stadt gehe, finde ich die Bibliothek Riminis. Man erkennt auf den Postern direkt, dass es eine herrliche alte Bibliothek der Renaissance ist. Aber neben der alten Bibliothek befindet sich in dem Gebäude jetzt auch die moderne neue Stadtbibliothek. Da ich bekanntermaßen ja alte Bibliotheken liebe, gehe ich hinein. Das Problem ist nur, dass ich die historische Bibliothek nicht finde und erst einmal durch die Bibliothek herumirre. Die Mitarbeiterin der Bibliothek versucht mir zu helfen. Das Problem ist nur, dass sie kein englisch kann und mein italienisch sehr begrenzt ist. Irgendwie versteht sie aber, dass ich in die alte Bibliothek möchte. Die ist aber eigentlich zu. Sie schließt sie aber extra für mich auf, damit ich hinein kann. Und dann wird ein Traum von mir wahr. Ich wusste zwar nicht, dass das ein Traum von mir war, aber er ist in Erfüllung gegangen. Ich kann ganz alleine in ganzer Ruhe durch eine Bibliothek der Renaissance wandern. Ich bin einfach nur glücklich. Das mille grazie am Ende an die nette Dame kommt wirklich von ganzem Herzen.

Zu jeder italienischen Stadt gehört natürlich auch ein großer zentraler Platz. Dieser Ort stellt das Herz einer jeden italienischen Stadt dar. In Rimini ist dieses Herz der Cavour Platz.

Neben Römer gibt es aber noch mehr in der italienischen Geschichte. So steht in Rimini auch noch die Burg Sismondo, die aus dem 15. Jahrhundert stammt.

Trotz Renaissance dürfen die Römer natürlich auch nicht zu kurz kommen. Denn eine jede römische Stadt braucht noch einen Triumphbogen und ein Amphitheater. Rimini hat natürlich beides. Wobei der Zustand von Letzterem auch schon mal besser war.


Das letzte kulturelle Highlight der Stadt ist dann noch die Kathedrale. Der Tempio Malatestiano ist ein gebührendes Ende für das Kulturprogramm.


Neben der Kultur ist Rimini ja schließlich noch für seine weiten Strände bekannt. In der Dämmerung sind diese aber fast leer. Man findet nur ein paar Spaziergänger. Zum Baden ist das Wasser jetzt auch zu kalt. Meine Füße dürfen trotzdem die Frische Neptuns genießen. Die Ruhe wird aber leider gestört. Ich finde nicht viel Müll am Strand. Aber jedes Fitzelchen Plastik bringt mich zur Weißglut. Aber meckern kann ja jeder. Und so trage ich alles, was ich tragen kann und suche den nächsten Mülleimer.

Zum Abschied des Tages gönne ich mir das, weswegen ich eigentlich nur hier bin. Pizza! Und ja auch diese Pizza war einfach köstlich!

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Das ist ja phantastisch, dass die Bibliothek extra für dich aufgeschlossen wurde!
Das ist mir bei kleinen Museen schon manchmal passiert, zB in Perast in Montenegro, wo eigentlich wegen Renovierung geschlossen war. Aber als ich den Museumsdamen erzählte, dass ich Geschichte studierte, gaben sie mir eine höchstpersönliche Führung.
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Ja das war wirklich ein ganz schönes Ereignis.
Ich glaube, wenn die Mitarbeitenden merken, dass man sich wirklich für die Dinge interessiert und nicht nur ein einfacher Tourist ist, dann werden einem viele Türen geöffnet. So wie dir Montenegro oder mir in Rimini. Wobei ich schon einmal anteasern kann, dass das nicht die einzige Tür war, die extra für mich geöffnet wurde.
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Italien ist es einfach immer wert bereist zu werden!
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Absolut!
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