Tag 3 – Zwischen Nebel und Sonnenuntergang

Ein frisch bestandenes Staatsexamen und ein Interrail Ticket für einen Monat: Darum geht es in der Reihe Mein Monat. Bevor du diesen Beitrag liest, ist es vielleicht sinnvoll, erst die vorherigen Beiträge zu lesen.

Montag, 3. Oktober 2022 – Tag 3

Eine Kombination aus Mücken und einem krähenden Hahn gab es auch in dieser Nacht. Aber zum Glück verlief beides harmloser als gestern. Mückenstiche habe ich mittlerweile schon genug am Arm. Mein Schlaf war zum Glück wenigstens ruhig und fest. Einen Wecker brauche ich auch heute Morgen nicht. Als ich um zwanzig vor acht das Zimmer verlasse, fühle ich mich ja schon fast etwas schlecht. Ich bin zwar so leise wie möglich unterwegs, aber ganz still schaffe ich es dann auch nicht aus dem Bett.

Im Bus sitze ich fast alleine. Wer ist denn bitte auch schon so früh unterwegs? Der Bus wird übrigens von einer der zahlreichen Unterfirmen der Deutschen Bahn betrieben. Pünktlich ist er – mehr oder weniger – trotzdem.

Ich fahre durch die atemberaubende Natur Sloweniens, die ich am Tag vorher noch von oben genossen habe. Jetzt kann ich sie hautnah erleben. Die Natur ist so traumschön, so einzigartig, so rustikal und so natürlich. Die Dörfer sind etwas älter, eins mit der Natur, bestehen ja fast nur aus dem Holz und Zäune gibt es hier auch kaum welche. Die Sonne strahlt auf das vom Morgentau leicht feuchte saftig grüne Gras. An einem Fluss wird die Natur dann aber atemberaubend mystisch. Es wird nebliger. Und die grauen Schleier verdecken die Sonne. Ein paar Spitzen des Lichts durchbrechen den düsteren Dunst und erhellen so diese Zauberwelten.

In Bohinj endet meine Abenteuerreise durch diese schöne Gegend. Aber das heißt nicht, dass es jetzt weniger schön wird. Schon aus der Ferne kann ich erahnen, wie schön die nächste Zeit wird. Ich sehe wieder einen See. Heute aber ist er nicht strahlend blau, sondern mit einem mystischen grauen Schleier bedeckt. Hier merke ich auch das erste Mal, dass wir Herbst haben.

Herbstmorgen

Der See ist an diesem Morgen menschenleer. Das ist perfekt, denn so kann ich ihn genießen, ohne gestört zu werden. Ich habe zwar keine Zeit den See, zu umrunden, aber genügend Zeit, um etwas an seinem Ufer zu laufen und auch zu sitzen. Und so sehe ich zwar nicht viel vom See, erlebe aber dafür umso mehr von ihm.

Der Herbst kommt so langsam zum Vorschein
Zeit für mich

“The happiest man is he who learns from nature the lesson of worship”

Ralph Waldo Emerson
Slowenien, so wie es ist
Und tschüss

Und dann geht es für mich wieder zurück nach Bled. Diesmal aber direkt zum Bahnhof. Die Fahrt ist wieder eine wunderschöne Reise, die sich kaum in Worte fassen lässt. Der Busfahrer findet dennoch genügend Wörter. Er telefoniert natürlich. Das gehört sich so auf dem Balkan.

Am Bahnsteig findet man keinerlei Info, von welchem Gleis mein Zug demnächst fährt. Aber zum Glück hat der Bahnhof nur 2 Bahnsteige und man geht hier ja ohnehin über die Gleise. Der Zugverkehr hält sich auch sehr in Grenzen. Bis der Zug kommt, habe ich aber auch noch etwas Zeit, in der Sonne zu sitzen und kann mein Mittagessen – trockenes Brot – genießen.

Wo will ich eigentlich hin? Die Reise soll zwar eigentlich eine Balkan- und Osteuropareise werden, einen kleinen Abstecher in mein Sehnsuchtsland Italien kann ich mir aber nicht nehmen lassen. Selbst wenn dieser kleine Abstecher nur nach Triest geht.

Im Zug nach Ljubljana, wo ich umsteigen muss, kann ich wieder eine grandiose Aussicht genießen. Alles ist so schön grün und so natürlich. Und wir haben zwar Oktober, aber in der Sonne am Fenster komme ich fast in Schwitzen. Im Zug findet man natürlich wieder nur ganz viele junge Menschen mit ganz großen Rücksäcken. Interrail ist aber auch eine fantastische Erfindung! Meine Liebe für den Balkan wird auch immer weiter entfacht. So liebe ich es einfach, dass man an Bahnhöfen wie Skofja Loka einfach direkt auf den Gleisen aussteigt.

Herbststimmung

In Ljubljana habe ich zwar eine halbe Stunde Umsteigezeit, aber ich verlasse bewusst den Bahnhof nicht, damit ich mir nichts von dieser Stadt vorweg nehme. Außerdem bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich eine halbe Stunde Umsteigezeit habe. Meine Interrail-App sagt zwar, dass die Abfahrt um 14:20 Uhr ist, aber die Anzeigetafel sagt, dass die Abfahrtszeit um 14:12 Uhr ist. Die schiere Menge an großen Rucksäcken sagt aber zumindest, dass ich am richtigen Gleis bin.

Im Zug sitze ich dann wieder in einem 6er-Abteil. Meine Mitreisenden tragen nur leider den Duft eines ganzen Bauernhofes in sich. Aber auch das gehört zu so einer Reise.

Die Landschaft ist natürlich immer noch wunderschön. Jetzt wird es so langsam grüner und etwas flacher. Aber diese Wandlungsfähigkeit macht alles nur noch schöner. Nach einer Weile habe ich dann den Eindruck, dass die Landschaft hier nur noch aus der puren Natur und Bauernhöfen besteht. Eigentlich wollte ich ja nach meinem Staatsexamen wieder mehr lesen und dachte, ich hätte im Zug dafür mehr Zeit. Aber bei einer so schönen Aussicht kann ich meine Augen vom Fenster gar nicht lösen.

Mittlerweile wird die Landschaft wieder etwas gebirgiger und dafür etwas steiniger. Man merkt, wir nähern uns Italien. Am ersten italienischen Bahnhof merkt man direkt den italienischen Flair. Die Adria ist nah, man spürt es und hört förmlich das Meer rufen. Es ist direkt so schön warm, aber auch gleich alles trockener. Aber auch die Menschen ändern sich. Es ist eine vollkommen neue Welt. Der italienische Schaffner hat natürlich direkt mehr Stil. Anzug und Sonnenbrille sind in Italien ein muss.

Und dann schweift mein Blick ganz kurz nach links. Und dort sehe ich es. Das mare nostrum. Die Sonne steht hoch über dem Meer und strahlt so schön, dass das Meer einfach strahlend weiß, wie ein Diamant schimmert. Immer wieder verdecken Bäume kurz das Schauspiel, doch die große weite Freiheit der Ferne findet immer wieder ihren Weg zu mir.

Ein Frachter ist auf der See, ich frage mich, wohin er geht, woher er kommt, wie lange er unterwegs ist und wie lange er es noch sein wird. Für mich ist ein Monat schon eine lange Zeit, aber wer weiß, wie lange die Männer und Frauen auf dem Schiff schon auf See sind?

Aber nicht nur der Blick nach links lohnt sich. So sind die Häuser zur Rechten am Hang so italienisch, wie man italienisch sein kann! Die Zugfahrt ist einfach perfekt.

In Triest wollte ich extra schnell ins Hostel, um mir morgen nicht zu verderben und damit ich endlich weiter am Blog schreiben kann. Aber irgendwie will ich das jetzt nicht mehr. Bei der Sonne über der Adria überlege ich es mir anders und gehe noch mal raus, um den Sonnenuntergang zu sehen. Denn ja, ihr wisst es sicher schon, aber ich liebe den Sonnenuntergang.

Bevor ich aber meine Erlösung suchen und finden kann, möchte ich erst einmal im Hostel einchecken. Der Weg dahin ist allerdings etwas gewöhnungsbedürftig. Nach dem kleinen slowenischen Dorf bin ich jetzt in der italienischen Großstadt. Das Hostel ist dementsprechend auch etwas anders. Es ist groß, gut organisiert und nicht sehr dubios. Da weiß ich, dass ich direkt besser schlafen werde. Die Tatsache, dass ich mir ein Schloss für die Schließfächer kaufen kann, lässt mich auch etwas ruhiger schlafen. Wobei von Schlaf ja jetzt noch keine Rede ist. Ich muss ja noch meine große Liebe finden. Und vorher will ich wieder duschen. Wie schon die Tage zuvor ist das in Hostels etwas schwierig. Bei der Dusche im Zimmer steht, dass sie ungeeignet ist (ebenerdig und Mini-Abfluss), man solle doch die Dusche im Bad der Etage nutzen. Diese ist aber gerade außer Betrieb, man solle daher doch bitte die Dusche im Zimmer nutzen. Es ist zum Glück ja noch recht früh. Ich gehe daher einfach zur freien Dusche in der Etage tiefer. Erfrischt geht es dann endlich zu meiner großen Liebe. Es ist so schön, das kann selbst ich nicht in Worte fassen. Diese elysisch traumschöne Metamorphose von diamantweißen Strahlen der Sonne bis hin zum prunkvollen Gold des Abends. Wörter können das Glück in mir gar nicht beschreiben! Seht einfach selbst!

„Es ist fast unmöglich, einen Sonnenuntergang zu beobachten und nicht zu träumen“ – Bernard Williams
Der perfekte Sonnenuntergang
„Du weißt doch, wenn man recht traurig ist, liebt man Sonnenuntergänge.“der kleine Prinz
Wenn du eigentlich schon am gehen bist, dich dann aber doch noch einmal umdrehst und dann das perfekte Foto knippst

Nachdem ich eben den Weg ins Paradis gefunden habe, geht es jetzt für mich zurück ins Hostel. Dort kann ich dann einfach mein Glück von eben noch genießen und etwas schreiben. Meine Ruhe wird nur kurz gestört, als es unter mir zu einer kleinen Diskussion kommt. Die Person im Hochbett unter mir hat sich wohl in der Bettnummer geirrt und das führt jetzt zu Verwirrungen. Aber auch das kann sich klären und so kann der ältere Herr jetzt auch im richtigen Bett schlafen. Danach ist es recht ruhig in meinem Zimmer. Das Zimmer nebenan veranstaltet aber – zumindest akustisch – ein Wrestling Turnier. Im 12-Bett-Zimmer werden aber zum ersten Mal sicherheitshalber meine Ohropax genutzt. Als die ersten Menschen anfangen zu schlafen, merke ich, dass es eine gute Idee war, die Ohropax mitzunehmen.

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5 Kommentare zu „Tag 3 – Zwischen Nebel und Sonnenuntergang

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