Hamburg, meine Perle

Es ist Nacht. Ich sitze mal wieder im Zug. Ich mache mal wieder einen meiner Städtetrips, der für die meisten Menschen keiner wäre. Das Ziel heute: Hamburg.

Es ist kurz vor sieben. Ich komme am Hamburger Hauptbahnhof an. Im Vergleich zum Frankfurter Hauptbahnhof macht der Hamburger Hauptbahnhof schon etwas mehr her. Er fühlt sich irgendwie größer an und etwas verwirrender. Wobei jemand Fremdes am Frankfurter Hauptbahnhof wahrscheinlich auch sehr verwirrt wäre.

An der imposanten Kunsthalle vorbei führt mich mein Weg auf die Lombardbrücke. Von hier habe ich einen überragenden Blick auf den Hamburger Binnenalster und den Jungfernsteg im Morgengrauen.

Guten Morgen

Wenig später und ich stehe im Dammtorpark Planten un Blomen. Wenn ich meinen Städtetrip in einem Park beginne, dann starte ich viel gelassener in den Ausflug und kann so den Tag viel besser genießen. Außerdem ist es ein Septembermorgen. Ich liebe alles am Morgen im September. Die Luft, die Düfte, den Anblick einfach alles. Ein Septembermorgen im Park verbringen und dabei einfach mal innehalten, ist etwas, was jeder Sehnsuchtsbummler einmal erfühlt haben sollte.

Wake Me Up When September Ends

Ein paar Schritte zur U-Bahn und wenige Minuten später stehe ich im Kontorhausviertel. Das Viertel mitsamt Chilehaus ist natürlich auch Teil des UNESCO-Welterbes. So imposant dieses Gebäude doch ist, so fühle ich kaum etwas. Es nimmt mich einfach nicht mit. Aber es ist in Ordnung. Ich freue mich über jede neue Erfahrung, die ich erleben kann. Und nicht jede Stadt oder jedes Haus muss mein Herz erobern und mitnehmen. Es kann nicht alles perfekt sein, so ist nun mal das Leben.

πάντα ῥεῖ

Die Reise geht weiter zur Speicherstadt, jenem Viertel, was jeder sofort mit Hamburg verbindet. Die Backsteingemäuer üben den berühmten Hamburger Charme aus, die mich aber doch erstaunlich kalt lassen.

Backsteine
und noch mehr Backsteine

Am Ende des Viertels vertreiben die See und der raue Wind die Kälte wieder. Die Elbphilharmonie erstrahlt in der Sonne wie eine funkelnde Perle.

meine Perle

Bei der Elbphilharmonie bin ich dann auch am Ende der Speicherstadt angelangt. Die Elbe liegt vor mir. Der Wind wird stärker und freier. Vor mir liegt der Hamburger Hafen. Das Tor zur Welt. Ein Ort, der besonders früher den Menschen Hoffnung und die Chance gab, sich in die Ferne aufzumachen und dort neue Erfahrungen zu machen und ihr Glück zu suchen.

Fernweh

Wäre dieser Ausflug nicht so spontan gewesen, dann hätte ich auch noch ein Ticket für das Miniaturwunderland buchen können, aber das ist nun mal der Preis für das spontane Reisen. Und so muss mein Ausflug ohne diesen Ort vorlieb nehmen. Nach einer gefühlt endlosen Anzahl von Brückenüberquerungen stehe ich vor der nächsten Brücke – die St. Pauli-Landungsbrücke. Wieder ein Ort, der für die Sehnsucht zur Ferne steht.

Sehnsucht

Mit einem nicht mehr ganz so modernen Aufzug geht es in die Tiefe und nach 426,5 Metern geht es dann wieder aufwärts. Dank dem Elbtunnel habe ich jetzt einen schönen Blick auf meine Perle. Die strahlende Sonne und die blau funkelnde Elbe sind wirklich ein Genuss für die Sinne.

Funkelnde Perle

426,5 m später stehe ich wieder auf der anderen Seite der Elbe. Selbst wenn der Weg diesmal etwas länger dauerte, damit ich ein paar Influencern nicht ins Shooting laufe.

24 Meter in der Tiefe

Nach einem kleinen Spaziergang bin ich dann auch am Hamburger Michel angelangt – einer der 5 Hauptkirchen Hamburgs. Es ist wirklich faszinierend, wie sehr der Seemannskult die Hamburger eingenommen hat. Denn selbst der Innenraum dieser Kirche ist von der Seefahrt eingenommen. Rettungsringe prangen in der Kirche wie nichts anderes. Aber es ist auch eine schöne Metapher für den rettenden Charakter des Glaubens.

Rettung…
… und Erlösung

Eine kurze Busfahrt später und ich stehe vor einem ganz besonderen Ort. Die Hauptkirche St.Nikolai lag nach dem 2. Weltkrieg nur noch in Trümmern brach. Heute dient sie als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung. Eine Botschaft, die jeden Tag so wichtig & laut sein müsste und doch so leise klingt.

Verzweiflung. Trauer. Leid.

Am Rathaus angekommen stehe ich dann erst mal vor einer großen Baustelle. Das Rathaus selbst kann man kaum erkennen, da auch dort gebaut wird. Hinter Zäunen und Schildern kann ich dann aber doch ein paar schöne Blicke erspähen. Es ist jetzt 10 Uhr und ich habe schon das Meiste von Hamburg gesehen. Das Miniaturwunderland mag seinen Teil dazu beigetragen haben, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Hamburg für mich dann vielleicht doch nicht so groß und imposant ist, wie alle sagen.

Zu Hamburg gehört dann aber definitiv noch einen anderen Höhepunkt. Selbst wenn man Zoos und insbesondere die Geschichte dieses Tierparks kritisch diskutieren sollte, so gehört er doch fest zum Hamburger Inventar. Und so sitze ich in der U-Bahn auf dem Weg zum Tierpark Hagenbeck. Im Tierpark werde ich dann erst mal von einem Elefanten begrüßt und bin nach kurzer Zeit dann von der Schönheit der Artenvielfalt unseres Planeten begeistert. Wenn ich doch nur irgendwann auch mal Elefanten oder die Big Five in ihrer Heimat sehen könnte. Bevor ich zu sehnsüchtig werde, sollte ich lieber schnell weitergehen.

Das Schöne am Tierpark Hagenbeck ist, dass es ein TierPARK ist. Und so existieren neben sehr großen Gehegen auch zahlreiche schöne Wiesen, Seen und ein entzückendes Sala. Zum Glück steht Thailand schon länger auf meiner Bucketlist.

An Grün mangelt es hier definitiv nicht
Thailand oder doch Hamburg?

Aber es gibt im Tierpark nicht nur einen Park, sondern auch viele Tiere. Selbst wenn die süßen Roten Pandas sich immer in den Bäumen verstecken. Aber auch die Tiere, die sich zeigen, sind einfach nur wundervoll. Wobei mir der Eisbär bei der Hitze einfach nur leid tut. Irgendwo muss es auch Grenzen geben.

Wer braucht schon Spiegel, wenn es das Wasser und die Sonne gibt?
Klimawandel – Symboldbild
Hello there

Der Tierpark hat mittlerweile auch ein Tropen-Aquarium. Dort gibt es auch Krokodile. Die Tatsache, dass gefühlt jeden Meter ein Schild steht, dass man nicht in Becken greifen soll, lässt einen schon an der Menschheit zweifeln. Bei den bunten Fröschen, die zwar extrem giftig sind, kommt eine tiefe Tropensehnsucht in mir auf. Der tropische Regenwald Südamerikas steht definitiv auf Platz eins meiner Bucketlist.

Süß aber giftig

Und dann suche ich auch noch nach Nemo.

Gefunden

Im Aquarium gibt es dann aber auch noch ein anderes sehr wichtiges Mahnmal. Mittlerweile gibt es mehr Plastik als Fische in den Weltmeeren. Jedes Jahr gelangen 4,8 – 12,7 Millionen Tonnen Plastik in die Meere (WWF). Das ist eine so große Zahl, das lässt sich kaum vorstellen. Besonders, wenn man sieht, was bereits einige Gramm anrichten können.

Wenn sich jetzt noch einmal jemand über Papierstrohhalme beschwert, soll er sich das nochmal ansehen

Es ist jetzt früher Nachmittag. Mein Zug geht erst in circa 8 Stunden und dann muss ich ja noch die Große Freiheit heute Abend genießen. Was mache ich also in der Zwischenzeit? Ein weiteres UNESCO-Welterbe besichtigen. Es geht in die Stadt der Buddenbrooks. Vom Hamburger Hauptbahnhof braucht man auch nur eine Dreiviertelstunde bis nach Lübeck. Und wenn man schon mal im hohen Norden ist, dann soll sich das auch rentieren.

Und dann stehe ich schon vor einem der bekanntesten Tore Deutschlands. Die Türme des Tores bilden eine schöne Harmonie mit den ganzen Kirchtürmen, die das Stadtbild sehr prägen.

Türme, Türme und ein Kran

Viel mehr ist das Stadtbild aber durch Backsteine geprägt. Backsteine soweit das Auge reicht.

Sie sehen: noch mehr Backsteine

Ich würde ja gerne mehr schreiben, aber die ganzen Kirchen und der ganze Backstein nehmen mich – so wie die Speicherstadt – einfach emotional nicht so mit. Mitnehmen tut mich aber ein kleiner Garten mitten auf der Straße und auf den grauen Steinen. Das kleine Grün bringt mir eine große Freude.

Grüne Freude

Über den Hafen verläuft mein Weg dann auch schon wieder zurück nach Hamburg. Es war eine kleine nette Abwechslung und ich bin froh, dass alles vorher so gepasst hat, dass ich spontan das Glück hier auch noch suchen konnte.

Leinen los!

In Hamburg lande ich nicht wieder am Hauptbahnhof, sondern in Altona. Ein Viertel, was eine besondere Ruhe ausstrahlt und man kaum glauben mag, dass man sich in einer Großstadt befindet. Auf der Königstraße befindet sich übrigens auch einer der größten jüdischen Friedhöfe Deutschlands, der auf der Tentativliste zum UNESCO-Welterbe steht.

Es geht für mich weiter abwärts. Also rein höhentechnisch und nicht qualitativ. Es zieht mich wieder zur Elbe und zum berühmten Fischmarkt, selbst wenn dieser corona-bedingt momentan ruht. Und jetzt ist erst mal Zeit für Essen. Den „Eier Carl“ kann ich wirklich empfehlen.

Mein Fisch ist frisch!

St. Pauli ist ja per se ein sehr linkes und tolerantes Viertel. Die Straße, die ich aber jetzt nehme, war dann vielleicht doch etwas sehr links-alternativ. Aber nach meinem Ausflug nach Kuba, zumindest suggerierten die Flaggen dies, bin ich dann endlich dar. Die Reeperbahn. Zunächst bin ich erstaunt, wie viele touristische Führungen es durch ein Rotlichtviertel gibt. Und vor allem, dass der Altersdurchschnitt dieser Führungen sehr sehr alt ist. Insgesamt lässt sich sagen, dass das Viertel mittlerweile von Touristen überrannt wird und mehr Sehenswürdigkeit ist als das, was es vorher war. Das Rotlichtviertel existiert zwar auch noch und ich empfehle als Mann nicht stehen zu bleiben, aber so gefährlich, wie sein Ruf es einst suggerierte, ist es hier nicht. Die meisten Menschen wollen auf der Großen Freiheit einfach nur eine schöne Party feiern. Fast so wie vor 60 Jahren nur mit weniger Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll. Und ich bin der Letzte, der etwas gegen Hedonismus hat, aber das Große Glück auf der Großen Freiheit ist heute nicht mein Ziel.

Warum freue ich mich aber so sehr auf diese Straße? Ganz einfach: Ich liebe die Beatles. Ich liebe die Beatles sehr. Und hier in Hamburg wurden die Beatles erst zu einer Rockband, die später die Welt veränderten. Ohne Hamburg wären die Beatles nie das geworden, was sie dann waren. Das sind nicht meine Worte sondern die von Paul McCartney. Wie wichtig Hamburg für die Beatles war, zeigt auch eine grandiose Doku zu Maccas 80. Geburtstag. 1960 hatten die Beatles im Indra ihren ersten Auftritt und im Kaiserkeller der Großen Freiheit 36 wurden aus 4 Jungs 4 Rockstars. Zu dem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass ich 6 Monate später in Liverpool sein werde, aber für mich war dieser Moment einfach wundervoll. Es war das nächste, wie ich an meine vier Helden herankommen konnte. In dem großen Trubel der Reeperbahn konnte ich das Glück der Musik fühlen und fühle mich seitdem mit den Fab Four noch intensiver verbunden.

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12 Kommentare zu „Hamburg, meine Perle

  1. Mir hat Hamburg im April dieses Jahres extrem gut gefallen (habe darüber in meinem Blog berichtet)! Natürlich kann und muss nicht alles jedem/jeder gefallen, und ob es mit Zeit und Muße zu tun hat oder nicht, kann ich auch nicht sagen. Für mich steht jedenfalls fest, ich werde Hamburg ganz sicher wieder besuchen! LG Hania

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